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Wie beim ersten Aufenthalt hier können wir gut schlafen und ebenso gut frühstücken. Entsprechend gestärkt starten wir in die heutige Etappe, die uns zum rund 400km entfernten Capitol Reef NP, zuerst aber zum WalMart um die Ecke führt - Proviant auffüllen. Das Wetter ist nach wie vor fantastisch und merklich wärmer als im Yellowstone. Wir können ganz locker fahren, zunächst über den Highway, ein Stück hinter Salt Lake City geht es dann durch die Dörfer. Das gehört für mich zu den schönsten Streckenabschnitten, einfach durch ein kleines Dorf fahren, in dem nicht mehr als ein paar Häuser und eine Tankstelle stehen. Ich stelle mir dann immer vor, ich müsste hier leben, mitten im nichts. Naja, hat alles seine Vor- und Nachteile. So langsam lassen sich hier auch Vorboten der Red Rockies erahnen. Und je näher wir dem Capitol Reef Nationalpark kommen, umso beeindruckender wird die Landschaft um uns herum. Leuchtend rote Felsen und Steine in einzigartigen und teils unwirklichen Formationen lassen unsere Herzen höher schlagen. Eine ganz andere Welt als im bewaldeten Yellowstone. Wir können nicht anders, als immer wieder anzuhalten und dieses Naturschauspiel fotografisch festzuhalten, z.B an den Twin Rocks oder dem Panorama Point. Von letzterem genießt man einen sensationellen Blick auf weite, rote, karge und unberührte Landschaft. Toll. Durch die vielen Zwischenstops ist es natürlich mal wieder viel später als gedacht, was uns in die Zwickmühle bringt, dass wir eigentlich mal ordentlich Mittagessen müssten, andererseits es aber auch noch so viel zu sehen gibt. Als Kompromiss steuern wir zunächst einen Picknickplatz im Nationalpark an - am Visitor Center rechts rein und dann ca. 1 km weiter. Hier liegt eine kleine Wiese malerisch zwischen Bäumen, Rehen, einem Fluss und natürlich knallroten Felsen. Und das ganze bei schönstem Sonnenschein - da hebt sich unsere Laune linear zum Sättigungsgefühl. Wir besichtigen kurz das Visitor Center und beschließen dann, einmal den Scenic Drive zu fahren, der geht ca. 13km hin und den gleichen Weg wieder zurück, immer entlang der Abrisskante der Waterpocket Fold. Nicht spektakulär, aber interessant. Zum Beispiel erfahren wir, dass hier radioaktives Uran abgebaut wurde, als man noch dachte, dies wäre ein gutes Heilmittel. Heute sind die alten Zugangsschächte vergittert, aber ein ungutes Gefühl bleibt irgendwie. Neben den weiterhin einmaligen roten Felsen gibt es hier aber auch Floa und Fauna zu bestaunen, z.B. eine wunderschöne rote Blume und Mountain Bluebirds. Diese außergewöhnlichen, tiefblauen Vögel fliegen hier im Dutzend rum, lassen sich aber leider nur schwer vor die Linse kriegen. Wir erklären uns ihre Hektik mit einer bevorstehenden Wetteränderung, anscheinend zieht Regen auf. Glücklicherweise bleibt es erstmal trocken, was wir für einen Stop am Gifford House nutzen. Hier haben die ersten mormonischen Missionare im 19. Jhd. mit der Besiedlung und Beackerung des Landes begonnen. Heute kann man dort neben urigen und typischen Devotionalien auch einige Agrarerzeugnisse der hier immer noch existierenden Obstbäume erstehen, z.B. Marmeladen - daher wohl auch der Ortsname "Fruita". Vor allem aber leckeren Pie - für uns gibt es Cherry Pie (Apple Pie war leider schon alle) und eine Cinnamon Role. Diese genießen wir auf einer Picknickbank draußen auf der Wiese unter einem Birnbaum, umrahmt von Rehen. Toll. Für mich ein absoluter Highlight-Moment in diesem Urlaub. So idyllisch und friedlich hat man es wirklich selten. Zur Freude von Jasmin grast eine kleine Herde Rehe um uns herum und ein Bambi schlüpft immer wieder an uns vorbei - paradiesisch! Dass ich jetzt wieder von der Uhrzeit anfangen muss, ärgert mich maßlos, aber selbige zwingt uns leider schon wieder zur Weiterfahrt. Schade, schade, hier wäre ich echt gerne noch ein bisschen länger geblieben - den Capitol Reef habe ich eindeutig unterschätzt! Eigentlich wollten wir heute noch zum Goblin Valley State Park und wo wir nächtigen, wissen wir auch noch nicht. Daher können wir die weiteren Sehenswürdigkeiten im Capitol Reef nicht ansteuern, sondern machen uns langsam auf gen Nordosten. Auf exakt der gleichen Strecke waren wir bereits vor 10 Jahren, bei unserem ersten USA-Aufenthalt unterwegs. Damals waren wir noch abenteuerlustig und haben die Nacht im Auto verbracht. Ich hatte mir vorgenommen, genau diese Stelle zu suchen und tatsächlich - ich bin mir 100%-ig sicher, den Platz entdeckt zu haben. Irgendwo im Niemandsland von Utah... Irgendwann, nach vielen Meilen schnurgerader Straße biegt dann der Weg zum Goblin Valley ab. Leider ohne Entfernungsangabe und leider auch ohne Sonne, denn selbige ist gerade dabei, unter zu gehen und hinter dicken dunklen Wolken verschwunden. Wir vermuten stark, dass der Goblin Valley Park dadurch seinen Reiz völlig verliert und angesichts der Uhrzeit entscheiden wir uns nach kurzer Beratung dafür, den Park auszulassen und auf der Suche nach einem Motel weiterzufahren - auch im Nachhinein die richtige Entscheidung. Als Entschädigung können wir auf dem Weg einen atemberaubenden Sonnenuntergang mit einer Regenwand in der Ferne beobachten - einfach einmalig! Es dauert nicht lange bis wir in Green River ankommen, offensichtlich besteht der Ort hauptsächlich aus Motels. Aber genau das suchen wir ja auch, und eins mit Namen Robber's Roost gefällt uns von außen, Zimmer sind auch in Ordnung, Preis ist prima, also bleiben wir hier. Noch schnell zum einzigen McDonald's weit und breit, welcher in eine Tankstelle integriert ist, aber schon um 21 Uhr dicht macht. Das schaffen wir! Den Rest des Abends verbringen wir auf dem Zimmer und genießen leckeren Yellowstone Whisky (aus der Plastikflasche).
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